Der letzte Teil von Gaimans Abstecher in die Welt der nordischen Mythologie

David Rubin, P. Craig Russell, Galen Showman, Colleen Doran und Lovern Kindzierski haben sich in Nordische Mythen und Sagen 3 zusammengeschlossen, um Gaimans literarische Vorlage im letzten Band der Reihe äußerst kreativ zu bebildern. Beim Splitter Verlag ist das Werk nun auf Deutsch erschienen. Kann auch der letzte Teil am Niveau der Vorgänger anknüpfen, oder wird es zum Ende schwächer?

Das Ende der Welt

In Nordische Mythen und Sagen 3 begegnen uns wieder äußerst skurrile Geschichten aus der Welt der nordischen Götter. So legen sich Thor und Tyr mit Riesen an, um an ihren Kessel zu gelangen, um genügend Bier für ein Fest der Götter zu brauen, Loki stellt wieder allerlei Unfug an und wird dafür bestraft, Balder stirbt und die Welt ist voller Traurigkeit und wir erfahren etwas über Ragnarök und dem Ende aller Tage.

Kreatives Team

Ganz schön viel Stoff für einen Comicband und dazu noch äußerst fantastischer! Hier findet sich auch die Stärke der beteiligten Künstler. Um die fantastischen Absurditäten der nordischen Mythologie irgendwie in aussagekräftige Bilder zu verpacken, bedarf es schon an einer ordentlichen Portion Kreativität. Die Illustratoren kommen dieser Aufgabe ohne Zweifel adäquat nach! Dabei unterscheiden sich die künstlerischen Umsetzungen in ihrem Stil, aber passen als Gesamtkunstwerk dennoch sehr gut zusammen. Lediglich die Umsetzung von David Rubin sticht etwas hervor, ist seine Bebilderung doch etwas cartooniger und plastischer als die der anderen Künstler. Die anderen Geschichten ähneln alle sehr dem Stil von P. Craig Russell. Im Skizzenbuch, im Anhang, erklärt Colleen Doran auch, dass er sich stark am Stil von Russell orientiert habe, weil er sich wunderbaren kolorieren lässt. Insgesamt ist Nordische Mythen und Sagen 3 ein sehr farbenfrohes Werk mit starken Kontrasten geworden. Alles trägt klar die Handschrift von Russells unverwechselbarem Stil, der auch immer wieder an Comics aus den 70ern und 80ern erinnert.

Storylines from Hell

Auf die Geschichten von Nordische Mythen und Sagen 3 muss man sich erst einmal einlassen. Sie sind teilweise furchtbar absurd und über alle Maßen fantastisch, sodass sie nicht mit Maßgabe der Logik beurteilt werden können. Das hat aber Gaiman nicht zu verantworten – im Gegenteil – er schafft es, diese verrückten Stoffe der nordischen Mythologie in eingängigerer Weise popkulturell aufzuarbeiten. Ihm ist wohl zu verdanken, dass wir diese alten Geschichten nun in genialer bebilderter Form konsumieren dürfen. Lässt man die Logik hinter sich und sinniert ein wenig darüber, wie sich die Menschen vor vielen hundert Jahren die Welt erklärt haben, muss man an vielen Stellen unweigerlich schmunzeln. Auffällig ist dabei immer wieder, dass die Götter doch auch mit allzu menschlichen Problemen konfrontiert sind und offensichtlich großen Bierdurst haben!

Gelungener Abschluss der Serie

Nordische Mythen und Sagen 3 kann an das Niveau der vorherigen Bände ohne Abstriche anknüpfen. Wer Interesse daran hat, etwas über nordische Mythologie in recht zugänglicher Form zu erfahren, kann hier ohne Bedenken zugreifen. Wer alle drei Bände liest, dürfte etwas mehr als bloßes Grundlagenwissen über nordische Mythologie im Petto haben. Wozu das gut ist? Keine Ahnung, aber die Geschichten sind in ihrer Absurdität äußerst unterhaltsam! Geschichtsbegeisterte Leser werden darüber hinaus viele Anknüpfungspunkte an modernere Religionen und Welterklärungsversuche entdecken. Irgendwie scheint die nordische Mythologie doch großen Einfluss auf weitere Entwicklungen der Menschheitsgeschichte gehabt zu haben. Nordische Mythen und Sagen 3 komplettiert äußerst gelungen die kleine Bibliothek dieses speziellen Wissens.