Abara (Rezension)

Abara Beitragsbild

Tsutomu Nihei schmeißt uns ohne Rettungsring in eine völlig rätselhafte Welt

Der Cross Cult Verlag hat unter seinem Label Manga Cult eine Master Edition von Tsutomu Niheis düsteres Science-Fiction-Werk Abara im schicken Hardcoverformat herausgebracht. Wir wagen einen Sprung in die Untiefen von Niheis enigmatischer Welt.

Ein großes Mysterium

Für gewöhnlich starten die Rezensionen bei mir immer mit einer kurzen Zusammenfassung des Inhalts. Nihei macht daraus den Endgegner eines jeden Rezensenten. Wie soll man etwas zusammenfassen, das der Autor selbst nicht wirklich versteht? In einem Interviewschnipsel am Ende des Buches fragt sich Tsutomu Nihei selbst, was er sich wohl bei Abara gedacht haben mag. Ganz genau weiß er es auch nicht mehr, allerdings ist er nicht um ein paar fragmentarische Erklärungsschnipsel verlegen. Es geht um Wesen, die Nihei weiße Gauna nennt. Sie sind die größte Bedrohung für die fiktive Welt von Abara. Einzig ein schwarzer Gauna namens Denji hat die Kraft, um die Gefahr abzuwenden…

Franz Kafka meets Bodyhorror

Ohne zu wissen, was ich da eigentlich gerade gelesen habe, beende ich die Lektüre trotzdem mit einem bedrückten Gemütszustand. Mir ist kalt und ein eigenartiges Gefühl der Einsamkeit und Melancholie wirkt noch nach. Auch, wenn die Geschichte kaum nachvollziehbar ist, erweckt die fiktive Welt Niheis intensive Empfindungen. Weite menschenleere Betonwüsten aus trostlosen architektonischen Strukturen dominieren das Geschehen. Hinzu kommen Szenen mit ekelerregendem Bodyhorror. In dieser Gemengelage setzt Nihei auch noch eine „Inspektionsbehörde“ ein, bei der man sich fragt, was sie in dieser trostlosen und kaputten Welt überhaupt verwalten soll. Niheis Werk erhält dadurch kafkaeske Züge, die dafür sorgen, dass sich die Lektüre wie ein böser Alptraum anfühlt.

Der Fokus auf die Darstellung von Architektur als Stilmittel kommt nicht von ungefähr, hat Nihei doch selbst an der Parsons School of Design in New York Architektur studiert.

Psychedelischer Horror

Die völlig enigmatische und dadurch unzugängliche Story lässt sich nicht wegreden. Trotzdem steckt in den Zeichnungen Niheis viel Fleißarbeit. Was oft chaotisch wirkt, weil Körperteile und Auswucherungen ausufernd über die Panels wachsen, offenbart bei genauerer Betrachtung eine detaillierte künstlerische Arbeit. Allerdings ist es wirklich Geschmackssache, ob man dieser Kunst etwas abgewinnen kann. Massentauglich ist sie definitiv nicht, dennoch hat sie das Potenzial, die Leser nachhaltig zu verstören.

Schwierige Lektüre

Niheis Lektüre ist in erster Linie anstrengend. „Belohnt“ wird man dafür mit schlechten Gefühlen. Wer also ein wenig masochistisch veranlagt ist, und sich düstere Gedanken herbeizaubern möchte, kann sich gerne ein Tool-Album einlegen, die Vorhänge zuziehen und in diesen albtraumhaften Trip abtauchen. Bleibt nur zu hoffen, dass sich zukünftige Architekten keine Inspiration in Neiheis Werk suchen. Diese Welt möchte niemand erleben!

© Cross Cult Verlag

ABARA

von

Tsutomu Nihei

Erscheinungsdatum: 01.12.2022

16×24, HC, sw, 412 Seiten

Genre: Science-Fiction

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