Frontier (Rezension)

Frontier Beitragsbild

Cozy Space-Opera mit kapitalismuskritischen Einschlägen in ungewöhnlichem Design

Frontier von Guillaume Singelin ist in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderes Werk. Singelin überrascht sowohl mit der Erzählstruktur seiner Graphic-Novel, als auch mit der Designentscheidung für die Darstellung seiner Figuren. Mit der kürzlich erschienenen deutschen Ausgabe vom Splitter Verlag gehen wir diesen Besonderheiten auf den Grund.

Gegen den Konzern

Widerstandskämpfer gegen Megakonzern ist kein unbekanntes Motiv, vor allem im Bereich dystopischer Sci-Fi-Erzählungen. Guillaume Singelin greift dieses Motiv auch für Frontier auf, legt den Fokus dabei aber vor allem auf die Schicksale der einzelnen Charaktere und ihrer Suche nach einem glücklichen Leben. Die Forscherin Ji-soo und der Arbeiter Alex müssen kurzfristig die Raumstation eines Megakonzerns verlassen, nachdem sie mitbekommen, dass der Konzern Tierversuche für ihre raffgierigen Vorhaben durchführt und daraufhin Alex aus einem Impuls heraus die Labormitarbeiter angreift und die Labore verwüstet.

Mit einer Fluchtkapsel gelangen Alex und Ji-soo auf einen bewohnbaren Planeten und treffen dort auf die Söldnerin Camina, die sie vor den vom Megakonzern angesetzten Kopfgeldjägern beschützt. Eines eint die drei Hauptcharaktere: Alle drei suchen nach ihrem Platz in der Welt und fühlten sich in ihren bisherigen Lebensumständen nicht mehr wohl. Als Alex, der im All aufgewachsen ist, durch die Umweltbedingungen auf dem bewohnbaren Planeten krank wird, rettet sich die Gruppe auf eine Raumstation, auf der sie auf weitere Ausgestoßene und Lebenskünstler treffen. In dieser utopischen Gemeinschaft finden zumindest einige der Gruppe einen neuen Sinn.

Cartooniger Look

Guillaume Singelin hat seiner Space-Opera einen unverkennbaren Look verliehen. Die Charaktere haben klobige, rundliche Köpfe und Oberkörper und zu kurz geratene Beine mit winzigen Füßen. Für Sci-Fi-Geschichten scheint diese Designentscheidung eher unüblich zu sein, aber sie harmoniert wunderbar mit der in Teilen sehr gemütlich erzählten Story. Dabei widmet Singelin sich mit viel Liebe zum Detail auch dem Interieur der Raumstationen. Die ganze Aufmachung wirkt durch und durch Cozy, auch, wenn hin und wieder kleinere Actionsequenzen und blutigere Szenen zu sehen sind.

Becky Chambers lässt grüßen

Wem Frontier gefällt, der sollte unbedingt mal einen Blick auf die Wayfarer-Serie von Becky Chambers legen. Zwar handelt es sich hierbei nicht um eine grafische Erzählung, aber dieser Sci-Fi-Roman hat viele Elemente, die auch bei Frontier zu gefallen wissen. Ähnlich wie bei Frontier liegt der Fokus nicht auf epische Sci-Fi-Schlachten, sondern auf den Beziehungen zwischen der Boardcrew und auf deren Gefühlswelt. Für mich ist das ein erfrischend neuer Ansatz im Sc-Fi-Bereich, der mich sowohl bei Frontier, als auch bei Becky Chambers abholen konnte. Wenn euer Interesse geweckt wurde, schaut doch mal in Band 1 der Wayfarer-Serie rein („Die lange Reise zu einem kleinen, zornigen Planeten“).

Zurück zu Frontier: Guillaume Singelin nimmt sich für seine Geschichte viel Zeit und lässt stellenweise auch nur die Bilder für sich sprechen. Dabei lohnt es sich genau hinzusehen, den in kleinen Details offenbaren sich oft wegweisende Entwicklungen für die Story. So sieht man z. B. in einer Sequenz, wie einer der Hauptcharaktere in der Gartenstation einer Gärtnerin zuzwinkert und im späteren Verlauf der Story hat dieser Charakter ohne weitere Erklärungen ein Kind mit dieser Gärtnerin. Diese Details machen viel Freude beim Lesen!

Feelgood mit Zeigefinger

Frontier verdient eine klare Kaufempfehlung. Die Mischung aus cozy Weltraumabenteuer und kapitalismuskritischen Elementen weiß zu begeistern. Dabei sind die Spielorte der Graphic-Novel mit vielen liebevollen Details in Szene gesetzt. Die Beziehungen zwischen den Hauptcharakteren sind glaubwürdig und rührend dargestellt und trotzdem gibt es auch kleinere Actionsequenzen und Bedrohungen durch raubtierkapitalistische Großkonzerne. Der süße Look des Comics unterstreicht das wohlige Gefühl beim Lesen und hilft dabei, den Fokus des Stoffes besser zu verstehen: Weltraumabenteuer müssen nicht immer durch epische Schlachten geprägt sein, sondern dürfen auch von Freundschaft, Liebe und der Suche nach Glück handeln.

Frontier

ISBN: 978-3-68950-020-7

Erschienen am: 25.04.2025

Szenario Guillaume Singelin

Zeichnung Guillaume Singelin

Übersetzg. Tanja Krämling

Einband Hardcover

Seitenzahl 200

Band 1 von 1

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