Book of Evil (Rezension)

Book of Evil Beitragsbild

Von menschlichen Abgründen und finsteren Zukunftsvisionen

Bei Book of Evil von Scott Snyder und Jock handelt es sich um einen illustrierten Roman aus der Feder des gefeierten Comicautors Scott Snyder. Mit diesem Werk erweitert Snyder sein Horrorrepertoire um eine weitere Nuance. Ob dieses Werk gelungen ist, erforschen wir mit der deutschen Ausgabe des Splitter Verlages.

Menschen ohne Empathie setzen sich durch

In Book of Evil setzen sich empathielose Menschen genetisch durch. 92% der Gesellschaft besteht aus dieser gewaltvollen neuen Spezies des Homo Verus, während die acht verbleibenden Prozent den letzten verbleibenden Exemplaren des Homo sapiens angehören. Kinder kommen in der Regel zunächst noch mit Empathie auf die Welt und entwickeln sich erst im Laufe des Erwachsenwerdens zu Psychopathen. Die letzten Anhänger des Homo sapiens werden von den Vertretern des Homo Verus als Tiere bezeichnet. Sie leben abgeschottet im „Dotter“ in einem eigenen abgeriegelten Teil der Stadt. Verlassen sie ihr Revier, sind sie den brutalen Wesen des Homo Verus schutzlos ausgeliefert. Wir begleiten eine Gruppe von Kindern, die aus diesen Strukturen ausbrechen möchte. Erzählt wird die Geschichte in Form eines Tagebuchs durch den Protagonisten Homer. Als Poe ein Mitglied dieser Gruppe verschwindet, stoßen die verbliebenen Gruppenmitglieder auf eine letzte Spur, die Poe hinterließ. In einem beliebten Comicstrip versteck sich eine geheime Botschaft, die zu einem Ort führen soll, an dem die Kinder ein neues sicheres Leben jenseits des Homo Verus aufbauen können. Um dort hinzugelangen, müssen die Kinder aber erst an den Hirten vorbei, besonders brutalen Exemplaren des Homo Verus, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Fliehende zu jagen…

Literarisch eine Zumutung

Was habe ich da bloß gelesen? Selten fiel mir die Lektüre eines Werkes so schwer, wie in diesem Fall. Dabei sind die Gründe für diesen Umstand recht vielfältig. Allem voran gestellt sei die mangelhafte Erzählweise von Snyder. Er bedient sich dem Stilmittel von Tagebucheinträgen, liefert aber eher ein illustriertes Journal, das völlig unauthentisch ist und weit über Tagebucheinträge hinaus geht. Wer benutzt bitte wörtliche Rede in dieser Frequenz in einem Tagebuch? Diesen Umstand mal ausgeblendet, kann auch die Sprache von Snyder in keiner Weise überzeugen. Er gibt viel zu wenige und wenn dann nur beiläufig erzählte Einblicke in die Strukturiertheit seiner fiktiven Welt. Es wird dadurch überhaupt nicht ersichtlich, welche Bande die befreundeten Kinder zusammenhält und warum sie so aufopferungsvoll miteinander sind. Um Passagen seiner Erzählung zu raffen, schreibt Snyder Sätze wie folgt: „Diesen Teil des Weges lasse ich also aus. Die genauen Details unseres Weges.“ Diese „genauen Details“ des Weges hätten aber vielleicht dazu führen können, dass die Geschichte ein wenig immersiver wird. Auch die Wendungen in der Geschichte wirken durch und durch konstruiert und recht lieblos. Schade!

Atmosphärische Illustrationen von Jock

Jock kann man für seinen Anteil an Book of Evil keine Vorwürfe machen. Er kreiert stimmige und atmosphärische Zeichnungen, die meistens in Grautönen gehalten sind. Mich erinnert das von der Atmosphäre her stark an Computerspiele wie Inside oder Limbo. Dafür spricht auch der surreale Charakter vieler Orte in Book of Evil. An einigen Stellen setzt er mit einer sehr reduzierten Anwendung von Farbe bewusst Akzente. Das kann sich durch und durch sehen lassen!

Bedingt zu empfehlen

Es ist wirklich schade, dass dieses Werk auf der Seite des Autors Scott Snyder so defizitär daherkommt. Die Idee hätte reichlich Potenzial gehabt und die atmosphärischen Zeichnungen von Jock geben einen guten Eindruck davon, was möglich gewesen wäre, wenn Snyder nicht so halbherzig bei der Sache gewesen wäre. Dass er eigentlich schreiben kann, hat er bereits in vielen anderen erfolgreichen Werken mehr als genug unter Beweis gestellt. Das Worldbuilding ist auf niedrigstem Niveau, Logiklücken finden wir noch und nöcher und der Erzählstil wirkt wahnsinnig unauthentisch. Vielleicht liegt Snyder zu viel Text einfach nicht. Dann bleiben sie doch lieber bei Comics, Herr Snyder! Und bevor sie sich an solch abenteuerliche Ausflüge wagen, schreiben Sie bitte endlich die „Wytches“ Reihe weiter. Da war der Auftakt doch ganz ansehnlich…

Book of Evil

ISBN: 978-3-98721-312-0

Erschienen am: 24.04.2024

Szenario Scott Snyder

Zeichnung Jock

Übersetzg. Katrin Aust

Einband Hardcover, Bookformat

Seitenzahl 184

Band 1 von 1

© Splitter Verlag

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