Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan (Rezension)

von Comicginger · Veröffentlicht Dezember 20, 2023 · Aktualisiert Januar 6, 2024

Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan Beitragsbild

Gut recherchiertes Comicsachbuch über die Fluchterfahrung von Menschen aus Afghanistan

Der Schweizer Illustrator und Grafikdesigner Patrick Oberholzer hat sich in seinem Werk Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan der Fluchtgeschichte von Menschen aus Afghanistan angenommen. Beim Splitterverlag ist dieses Comicsachbuch vor kurzem erschienen. Ist ein Comicsachbuch das richtige Medium, um die bewegenden Geschichten Geflüchteter zu würdigen?

Interviews und Partizipative Prozesse

Ja Patrick Oberholzer schafft es in Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan die Geschichten der verschiedenen Protagonisten würdevoll zu erzählen. Das gelingt vor allem deshalb so gut, weil er offensichtlich sein Material gemeinsam mit den Betroffenen besprochen hat. Sie durften Feedback zu seinen ersten Entwürfen geben und haben auf partizipative Weise Würdigung als Experten in eigener Sache erfahren. Hinzu kommt die Tatsache, dass Patrick Oberholzer sich die Mühe gemacht hat, intensiv für sein Werk zu recherchieren. Selten findet man bei einem Comicsachbuch eine so ausgiebige Literaturliste am Ende. Dabei bekommen wir Einblicke in der Lebenssituation der Menschen vor der Flucht, in die politischen und historischen Gegebenheiten in Afghanistan, in das komplexe System der Schlepper und in die Gräueltaten, die sich aus brutalem Grenzschutz ergeben. Die Geschichten sind allesamt bewegend und helfen dabei, Fluchtgeschichte besser zu verstehen.

Sachbuch Stil bei Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan

Die Kunst steht offensichtlich nicht im Vordergrund. Sie ist nicht schlecht gelungen, sticht aber auch nicht besonders hervor, hat man doch solche digital anmutenden Illustrationen schon häufig genug gesehen. Die Illustrationen passen aber in ihrer Machart hervorragend zum sachbuchartigen Stil des Comics. Sie ergänzen Infografiken und Diagramme mit Schauplätzen und Situationen, die dabei helfen, den einzelnen Textbausteinen mehr Leben einzuhauchen. Dieser Mix aus Comic und Sachbuch ist sehr gelungen, sorgt er doch für eine durchgängig abwechslungsreiche Lektüre. Das scheint von Patrick Oberholzer auch so gewollt, erkennt man doch an dem Verweis zu Beginn des Buches auf weiterführende Unterrichtsmaterialien, dass er seine Lektüre auch zum Einsatz in Bildungssettings erdacht hat. Also liebe Lehrer und Menschen aus informellen Bildungssettings: Schaut euch das mal genauer an!

Bereichernde Lektüre

Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan kann man bedenkenlos empfehlen. Patrick Oberholzer gibt uns hier ein didaktisch klug aufbereitetes und kompaktes Wissenspaket mit und beleuchtet dabei auch bisher wenig besprochene Themen, die mit Fluchterfahrungen zusammenhängen. Besonders spannend sind auch die Einblicke in die komplexen Systeme der Schlepperbanden. Wie diese Banden agieren und ihr Geschäft organisieren, war für mich bisher nicht klar. Nach der Lektüre von Games – auf den Spuren der Flüchtenden aus Afghanistan wird man sich endgültig davor hüten, Afghanistan als sicheres Herkunftsland zu bezeichnen. Das große Leid und die bösartigen Entmenschlichungen, die Geflüchtete erfahren, sollten fest im Kanon deutscher Bildungspläne verankert sein. Hier auch nochmal der Appell an alle Lehrer da draußen: Es war nie einfacher sich an das Thema Flucht zu wagen, denn Patrick Oberholzer nimmt euch hier didaktisch brillant an die Hand!