Alena (Rezension)

Alena Beitragsbild

Schwedisches Teenage-Angst-Szenario, das Themen wie Mobbing und Identität kunstvoll verarbeitet

Mit Alena von Kim W. Anderson holt der Insektenhaus-Verlag die preisgekrönte Graphic-Novel von 2015 aus Schweden nach Deutschland. In dieser düsteren Geschichte werden die Abgründe des Teenager-Lebens schonungslos dargestellt. Kann Alena auch unserer schonungslosen Kritik standhalten?

Diese Antwort kann getrost mit einem energischen „Ja“ beantwortet werden. Gründe dafür gibt es einige. Zunächst einmal zur Story:

In Alena begleiten wir die Teenagerin Alena in ihrem Schulalltag auf einem Elite-Internat. Hier ist sie mit vorwiegend wohlhabenden Schnöseln konfrontiert und bemerkt allzu schnell, dass sie nicht so richtig dazugehört. Diese missliche Situation wird auch noch durch den Suizid von Alenas bester Freundin Josephine verstärkt. Zu ihr hatte Alena eine starke Bindung, die sogar zu einem One-Night-Stand geführt hat. Alena fremdelt allerdings mit dem Gedanken lesbisch zu sein und geht schon als bald mit männlichen Teenagern aus. Damit stößt Alena Josephine von sich, was seinen tragischen Ausgang im Suizid Josephines findet. Alena sieht sich im Internat mit heftigem Mobbing konfrontiert. Philippa nimmt dabei eine führende Rolle ein. Sie schreckt weder vor Diffamierungen noch vor Gewalt gegenüber Alena zurück. Diese Rechnung hat sie allerdings nicht mit Josephine gemacht, die Alena als Geist begleitet und Rache an allen, die Alena schaden wollen, übt. Ist Josephines Geist wirklich zurückgekehrt, oder findet das alles nur in Alenas Kopf statt? Es beginnt ein psychotisch-verstörender Trip in die Abgründe des Teenagr-Lebens…

Stephen King lässt grüßen!

Fans von Stephen Kings Carrie kommen bei Alena voll auf ihre Kosten. Ähnlich wie Stephen King schafft es Kim W. Anderson kunstvoll und doch schonungslos die Abgründe in den Wirren der Pubertät aufzuzeigen. Dabei stellt er die Mobbing-Situationen erschreckend authentisch dar. Besondere Tiefe bekommt der Stoff dadurch, dass Anderson auch kurze Einblicke in das Privatleben des Bullys Philippa gibt. Dem Lesenden wird schnell klar, dass Philippa eigentlich eine rückgratlose und bemitleidenswerte Kreatur ist, die ihre Unsicherheiten durch die Abwertung anderer überspielt.

Die quälende Suche nach Identität

Was Andersons Stoff so besonders macht, ist auch die Darstellung der quälenden Suche nach Identität der Hauptprotagonistin Alena. Mit ihren ersten lesbischen Erfahrungen kann Alena sich nicht so richtig identifizieren und trotzdem quält sie der Gedanke Josephine abstoßen zu müssen. Hier zeigt Anderson schonungslos, dass die pubertierende Identitätssuche auch zwangsläufig mit seelischen Kollateralschäden für die Umwelt der Pubertierenden einhergeht. Der Gedanke an die Jugend wird oft romantisiert, vergessen wir doch durch die Distanz zum Geschehenen nur allzu schnell, mit wie viel Verletzlichkeit das Aufwachsen doch verbunden war. Hier erteilt und Anderson eine Lektion, die auch nach dem Lesen noch nachhallt.

Eine kleine Prise Gore!

In Alena wird der Leser auch mit Gore-Szenen konfrontiert, die aber nicht wahllos und inflationär eingebaut werden. Die Brutalität ist immer nur Mittel zum Zweck, um die Abgründe des Teenager-Lebens kunstvoll zu überhöhen. So finden sich in einer Szene zum Beispiel zwei abgehackte Köpfe, die sich einen Zungenkuss geben. Durch solche Elemente fängt Anderson die starke Fokussierung auf Sexualität bei Pubertierenden auf und zeigt dabei aber in pervertierter Form die innere Zerrissenheit der Heranwachsenden. Besonders gelungen sind auch die Zeichnungen der Gesichter der Bullys. Anderson kreiert hier hasserfüllte Fratzen, die bei den Lesenden starke Gefühle der Abneigung verursachen.

Auch die Verarbeitung des Softcovers kann auf ganzer Linie überzeugen. Im Gegensatz zu amerikanischen Softcovern, bietet uns der Insektenhaus-Verlag hier ein stabiles Format mit wertigem, dicken Papier. Dieses Format scheint der künstlerischen Gestaltung in Gänze zuträglich zu sein. Dabei scheint auch der Preis von 15,95 €, verglichen mit anderen großen Verlagen, unschlagbar günstig zu sein.

Gelungener Horrorstoff nicht nur für Teenager

Wie bereits erwähnt, kann für Fans von Stephen Kings Carrie eine klare Leseempfehlung für Alena ausgesprochen werden. Der düstere Mix aus Horror und Teenagergeschichte sorgt für Gänsehautmomente. Dabei ist Alena nicht bloß ein Stoff für Teenager. Auch Erwachsene werden sich in unangenehmer Weise an die Abgründe der Pubertät erinnern und ihren romantischen Blick auf die Jugend zwangsläufig korrigieren müssen. Dabei erteilt uns Anderson eine Lektion: Erwachsenwerden kann schmerzhaft sein! Früher war also doch nicht alles besser!

ALENA

6,8 x 26 cm

Softcover mit Spotlackierung

120 Seiten, farbig

ISBN: 978-3-948800-33-8

© Insektenhaus-Verlag
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