Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt (Rezension)

Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt Beitragsbild

Ein poetisches Bilderbuch über das Wirken Heinrich Heines

Der Titelzusatz „Eine Lebensfahrt“ spielt auf Heines berühmtes Gedicht „Lebensfahrt“ an und lässt bereits erahnen, dass der Kern des Werkes Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt thematisch stark an den Inhalt von Heines Gedicht angelehnt ist. Der Kampf gegen Zensur und Bevormundung begleitete den rebellischen Poeten über weite Strecken seines Lebens und endete letzten Endes im Pariser Exil („Mich warf der Sturm an den Seinestrand“). Gaby von Borstel (Szenario) und Peter Eickmeyer (Zeichnungen) haben versucht Heines Leben mit vielen Originalzitaten, erzählerischen Ergänzungen und kunstvollen Illustrationen nachzuzeichnen. Begegnet uns hier ein lebendiges Porträt des berühmten Dichters oder fühlt sich die Lektüre wie die sechste Stunde Deutschunterricht an einem Freitagmittag an?

Von der Familie durchgefüttert

Eine klassische Zusammenfassung des Inhalts lohnt sich nicht wirklich, weil der Lebensweg Heines für jeden im Internet zugänglich ist. Ein paar Eckpunkte und Details seien hier aber dennoch erwähnt: Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer zeigen, dass Heine nie so wirklich seinen Platz in der gesellschaftlichen Ordnung gefunden hat und zeit seines Lebens Außenseiter war. Wäre Salomon Heine (Heinrichs Onkel) nicht gewesen, hätte Heinrich Heine vermutlich nie so intensiv an seiner Karriere als Journalist und Poet arbeiten können. Heute würde man sagen, dass er von der Familie „durchgefüttert“ wurde. Eigentlich sollte Heine selbst das Geschäft des Onkels übernehmen, doch lagen seine Interessen schon damals eher bei den schöngeistigen Tätigkeiten. Der Laden, den er kurzfristig übernahm, musste schon nach kurzer Zeit Konkurs anmelden.

Heine arbeitete unterdessen weiter verbissen an seinem Traum als Journalist und Dichter Bekanntheit zu erlangen. Seine Texte setzten sich in rebellischer Weise mit viel Sarkasmus mit dem politischen System seiner Zeit auseinander. Besonders interessant ist die Tatsache, dass Heine Reiseberichte nutzte, um seiner Kritik an der Obrigkeit geschickt und wortgewaltig Ausdruck zu verleihen. So war er schnell mit der Missgunst der politischen Elite konfrontiert, die letzten Endes auch in der Zensur seiner Texte mündete und ein Publikationsverbot nach sich zog. Heine floh ins Exil nach Paris und schrieb von dort aus weiter, auch, als er schon schwer krank ans Bett gefesselt seinem Ende ins Auge sah.

Eine lebendige Darstellung der Person Heine

In Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt gelingt es Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer den Lebensweg Heines in etwas sehr Lebendiges zu verwandeln. Borstel und Eickmeyer lassen Heine sprechen, weil sie Originalzitaten viel Raum geben und damit interessante Einblicke in Heines Gedankenwelt ermöglichen. Künstlerisch anspruchsvoll ist dabei vor allem die Kontextualisierung der Zitate. Zu jedem Lebensabschnitt haben die Autoren passende Zitate parat. Um besser zu verstehen, wovon Heine spricht, werden die Zitate teilweise mit kleinen Kommentierungen der Autoren ergänzt.

Verträumte Illustrationen

Die Illustrationen von Peter Eickmeyer ergänzen die textliche Ebene hervorragend. Sie wirken teilweise wie Vorskizzen, die eingefärbt wurden und haben damit etwas Fantastisches und Traumhaftes an sich. Es entsteht der Eindruck, schemenhafte Bilder aus vergangenen Tagen materialisierten sich langsam zu Sinneseindrücken und dann zu wagen Bildnissen. Zusammen mit den Zitaten und eingestreuten Gedichten Heines ergibt sich ein lebendiges Gesamtbild der Person Heines und seiner Epoche. Peter Eickmeyer porträtiert auch Persönlichkeiten, denen Heine im Verlauf seines Lebens begegnet. Egal ob Julius Campe, Ludwig Börne, die Brüder Grimm oder Karl Marx – Eickmeyer zeichnet die Persönlichkeiten in unverkennbarem Stil nach. Das sorgt dafür, dass der historische Kontext der Epoche, in der Heine lebte, lebendiger wird. Eickmeyers verträumter Stil scheint insgesamt zu Heines romantischer Dichtkunst zu passen und trotzdem auch durch ihre Brüchigkeit, die Überwindung dieser Epoche durch Heine selbst zu symbolisieren.

Lust auf Literaturgeschichte

Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt schafft es, die Lust an der Beschäftigung mit Heines Literatur und seiner Epoche zu wecken. Auch wenn die Originalzitate teilweise unbekanntes altes Vokabular verwenden und dadurch zum Teil etwas Konzentration und eigene Recherche erfordern, schaffen es Peter Eickmeyer und Gaby von Borstel doch ein lebendiges und lustvolles Porträt von Heine zu zeichnen. Ein kleines Glossar mit der Erklärung veralteter Begriffe wäre wünschenswert gewesen, aber trotzdem fühlt sich die Lektüre nicht wie die sechste Stunde Deutschunterricht an. Wen die Dichtkunst und Literaturgeschichte bisher wenig interessiert haben, könnte mit Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt einen Auftakt wagen. Die Zeit zwischen Romantik und Biedermeier wird im handelsüblichen Deutschunterricht meistens nur spärlich behandelt und bleibt daher oft ein blinder Fleck in unserer historischen Bildung. Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer füllen diesen blinden Fleck mit lebendiger Geschichte, die sowohl den Verstand als auch das Herz berührt.

Heinrich Heine – Eine Lebensfahrt

ISBN: 978-3-95839-452-0

Erschienen am: 22.02.2023

Szenario Gaby von Borstel, Peter Eickmeyer

Zeichnung Peter Eickmeyer

Einband Hardcover

Seitenzahl 64

Band 1 von 1

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