Der Ring des Nibelungen (Rezension)

Ring des Nibelungen Beitragsbild

Monumentale Comicadaption von Richard Wagners berühmter Oper

P. Craig Russell arbeitete schon an Stoffen wie der berühmten Sandman-Reihe und American Gods von Neil Gaiman mit. Mit mystischen Wesen, Göttern und Sagen kennt er sich also bestens aus. Kann er mit dieser Erfahrung auch in seiner Adaption von Der Ring des Nibelungen punkten? Wir gehen der Frage mit der deutschen Ausgabe, die jüngst beim Cross Cult Verlag erschienen ist, nach.

Götter, Liebe, Gold und Macht

In seiner Adaption erzählt Russell die komplexe Geschichte von Göttern, Helden, Drachen und Zwergen, die um den Ring des Nibelungen kämpfen. Dieser Ring verleiht seinem Träger unendliche Macht. Die verschiedenen Protagonisten durchlaufen teils dramatische Entwicklungen und müssen sich zwangsläufig mit Fragen von Schuld, Gier, Verrat und Treue auseinandersetzen. Ebenso wie die Oper von Wagner teilt sich Russells Werk in vier Abschnitte auf. „Das Rheingold“, „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ sind im Original vier eigenständige Opern, die zusammen das ca. 16-stündige monumentale Werk von Wagner ergeben. Diese Unterteilung findet sich bei Russell in Form von Kapiteln wieder.

Mit dem Eisner Award ausgezeichnete Meisterleistung

Aufgrund der Fülle des Materials, die durch die Originalvorlage vorgelegt wird, muss man Russells Leistung, diesen komplexen Stoff in ein Buch zusammenzufassen, würdigen. Russell arbeitet den Stoff allerdings nicht bloß ab, er schafft es, die Tonalität der Oper in poetische Bilder zu fassen. Dabei bedient er sich stark an einer Metaphorik und einer Sprache, die dem Pathos und der Poesie des Originals gerecht werden. Oft fliegen Laute und Ausrufe der Protagonisten onomatopoetisch, wellenförmig wie eine Partitur durch die Panels und vermitteln somit den Eindruck einer gewissen Musikalität. Der Leser ist nur allzu oft versucht, beim Lesen selbst in einen melodischen Rhythmus zu verfallen.

Bunter Retrostil

Russells Zeichnungen dürften aus heutiger Sicht nicht mehr alle Geschmäcker treffen. Seine Bilder sind kontrastreich und ausgiebig koloriert. Gesichter, die im Vordergrund zu sehen sind, zeichnet Russell detailliert und ausdrucksstark, teilweise fast schon überzeichnet. Gesichter, die im Hintergrund zu sehen sind, deutet Russell teilweise nur noch an, was manchmal etwas gewöhnungsbedürftig erscheint. Die reduzierten Passagen wirken dabei jedoch nie einfach nur arbeitsökonomisch, sondern scheinen gezielt Räume zu öffnen, für die Szenen, die der Story gerade Auftrieb verleihen. Auch wenn der Retrostil nicht mehr ganz populär scheint, greift er doch in besonderer Weise das Pathos der Originalvorlage auf.

Edles Format

Der Cross Cult Verlag spendiert der deutschen Auflage von Der Ring des Nibelungen ein edles Hardcover-Format mit einem goldenen Leseband. Trotz der 448 Seiten liegt der Band sehr gut in der Hand und durch die Größe im Buchformat wirkt das ausufernde Werk doch kompakt. Im Anhang liefert der Cross Cult Verlag noch einige Zusatzmaterialien mit, die Einblicke in das Schaffen von P. Craig Russell geben. Hier finden sich Skizzen und Erklärungen zu einzelnen Arbeitsschritten von Russell.

Eine Bereicherung für jedes Comicregal

Der Ring des Nibelungen ist eine Bereicherung für jedes Comicregal. In besonderer Weise dürfte das Werk auch Fans von Neil Gaimans Nordische Mythen und Sagen ansprechen, immerhin hat P. Craig Russell hier auch seine Finger mit im Spiel. Die Comicadaption von Der Ring des Nibelungen kann ein etwas niederschwelligerer Einstieg in die komplexe Welt von Richard Wagners Oper sein. Was sonst schwer vorstellbar ist und sich eher in surrealen Bildern des Stoffes manifestiert, wird von Russell gekonnt und leicht zugänglich visualisiert. Dabei sollte man sich nicht von der etwas altertümlichen Sprache abschrecken lassen. Bei der Lektüre wird schnell klar, dass sie die Bebilderung Russells perfekt nachzeichnet und den Spirit der Oper authentisch aufgreift. Dabei schafft es Russell, die Musikalität der Oper durch lautmalerische Ausgestaltung von Dialogen, die durch die Panels schwingen, einzufangen und einen rhytmischen Lesegenuss zu komponieren.

Der Ring des Nibelungen

von

P. Craig Russell

Erscheinungsdatum: 25.01.2023

16×24, HC, 4c, 448 Seiten

Genre:

Fantasy

History

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