God Country (Rezension)
Donny Cates sinniert in seiner Parabel God Country über das Loslassen
In Donny Cates Opus Magnum Crossover finden sich lauter Anspielungen und Querverweise. So wurde ich auch auf sein früheres Werk God Country, auf Deutsch erschienen beim Cross Cult Verlag, gestoßen. Die Einleitung zu Crossover beinhaltet einen Rückblick auf eine Phase in Cates Leben, in der sein gesundheitlicher Zustand kurz vor dem Kollaps stand. Cates hat sich, laut eigener Aussage, in dieser Phase seines Lebens unweigerlich mit der eigenen Morbidität beschäftigen müssen. Unter diesen Umständen entstand auch sein Werk God Country.
Ein Vater mit Demenz zerrüttet den Familienalltag
Roy Quinlan ist mit seiner Frau Janey und seiner Tochter Deena zurück in das Haus seines dementen Vaters Emmett gezogen, um ihn bei der Bewältigung seines Alltags zu unterstützen. Die Demenz wird allerdings immer stärker und schon bald verfällt Emmett regelmäßig in Wutausbrüche, die eine starke Belastung für den Rest der Familie darstellen. Eines Tages steht der Sheriff vor dem Haus der Quinlans und äußert sich besorgt über den Zustand von Großvater Emmett Quinlan. Er sei schonwieder ausgebüchst und musste von mehreren Polizisten überwältigt werden. So empfiehlt der Sheriff Roy Quinlan seinen Vater in ein Pflegeheim zu bringen. Mit diesem Umstand kann sich Roy allerdings nicht abfinden. In einem Streitgespräch mit seiner Frau Janey, die ihn inständig darum bittet, im Sinne der Familie über diese Option nachzudenken, entscheidet sich Roy in großer Verzweiflung dazu, bei seinem Vater zu bleiben. Als Janey mit Tochter Deena im Streit aufbricht, entsteht plötzlich ein Sturm, der das Haus der Qunilans zerstört, aber Großvater Emmett mit einem riesigen Schwert ausstattet. So lange Emmett das Schwert hält, scheint seine Demenz geheilt und er verfügt über große Macht. Das Schwert gehört allerdings anderen Mächten und die wollen es zurückhaben…
Eine fantastische Abhandlung über das Loslassen
In God Country bricht plötzlich die Fantastik in den profanen und traurigen Alltag der Quinlans, in einer Phase, in der die Familie an einem absoluten Tiefpunkt angekommen ist. Die fantastischen Elemente, die Cates in die Geschichte webt, dienen dabei vor allem als Metaphern, die der Geschichte eine tiefere Bedeutung verleihen. Cates inszeniert einen Kampf zwischen Großvater Emmett, der durch das Schwert zu unfassbaren Mächten gelangt, und den Göttern, die ihr Schwert zurückhaben möchten. Dieser Kampf steht dabei aber sinnbildlich für den Kampf gegen die Demenz und die eigene Vergänglichkeit. Cates fragt sich, inspiriert durch seinen eigenen gesundheitlichen Tiefpunkt, was von uns bleibt, wenn wir gehen. Ob er darauf tröstliche Antworten findet, lest ihr am besten selbst!
Rauch, Staub und Gewitter
Geoff Shaw beliefert Cates Geschichte mit atmosphärischen und dynamischen Zeichnungen, die von Rauch, Staub und Gewitter gespickt sind. Die Zeichnungen von Shaw entführen die Leser in das texanische Hinterland und vermögen es, die Trostlosigkeit der Landschaft mit Darstellungen von Naturgewalten zu schmücken, die scheinbar als Pforte zwischen Fantastischem und Profanen fungieren. Kampfsequenzen lässt Shaw besonders mächtig wirken, indem er mit Rauch und Blitzen arbeitet und die weiten Landschaften durch Krater deformiert. So entstehen des Öfteren Panoramen der Verwüstung. Die Zeichnungen von Shaw unterstützen die Aussagekraft von Cates Story vorzüglich und die Kolorierungen von Jason Wordie liefern den Schauplätzen eine eindrucksvolle Atmosphäre.
Ein One Shot zum Grübeln
God Country entführt uns in Thematiken, über die wir ungern nachdenken. Die eigene Vergänglichkeit scheint in unserer Leistungsgesellschaft und unter dem Diktum ewiger Jugend immer noch ein Tabuthema zu sein. Cates schafft es durch die stilistischen Verfremdungen, die durch die fantastischen Elemente entstehen, das Thema auf eine sanfte Weise in unser Unterbewusstsein zu implementieren. Sein Werk scheint durch seine parabelhafte und metaphorische Gestaltung wunderbaren Gesprächsstoff zu liefern. Schnappt euch das Buch, lasst es durch euren Freundeskreis wandern und sinniert danach gemeinsam über die existenziellen Fragen des Lebens.
God Country
von Donny Cates, Geoff Shaw
Erscheinungsdatum: 19.09.2022
16×24, HC, 4c, 186 Seiten
Genre:Horror/Mystery/Fantasy