Jim Hawkins (Rezension)

Jim Hawkins Beitragsbild

Anthropomorphe Adapation des berühmten Abenteuerromans von Robert Louis Stevenson

Sébastien Vastra liefert mit „Jim Hawkins“, in der deutschen Übersetzung erschienen beim Splitterverlag, eine erfrischende Neuinszenierung von Robert Louis Stevensons klassischem Abenteuerroman „Die Schatzinsel“. Dabei setzt er auf tierische Charaktere und verleiht der Geschichte damit eine völlig neue Dynamik.

Schatzsuche und Freibeutertum

In „Jim Hawkins“ geht es um die klassischen Stoffe des typischen Abenteuerromans. Schatzsuchen, Freibeutertum und das Erkunden ferner Inseln spannen den Rahmen um die tierisch gelungene Inszenierung von Sébastien Vastra, die sich dabei eng an der Vorlage von Robert Louis Stevensons orientiert.

Der junge Jim Hawkins arbeitet in der Taverne seiner Eltern und hilft sowohl in der Küche, als auch beim Bedienen der Gäste aus. Eigentlich fühlt er sich aber zu großen Abenteuern berufen und träumt nicht selten bei Spaziergängen am Strand von Schiffsfahrten in ferne Welten. Eines Tages taucht der kautzige Kapitän Bill Bones in der Schenke auf und quartiert sich für längere Zeit ins Gästezimmer ein. Immer, wenn er wieder zu tief in die Rumflasche geschaut hat, fängt er an lautstark von seinen Abenteuern zu erzählen.

Im Laufe der Zeit, findet Jim Hawkins heraus, dass Bill Bones fürchtet verfolgt zu werden und Bones bittet Hawkins darum Ausschau nach einem Einbeinigen zu halten. Bill Bones erliegt kurze Zeit später den Auswirkungen seines immensen Alkoholkonsums. Jim Hawkins findet in seinem Nachlass eine Truhe mit einer Schatzkarte und wird so schnell zum neuen Ziel von Bones Verfolgern. Es beginnt eine Jagd über die sieben Weltmeere um einen sagenumwobenen Schatz…

Starke Charaktere symbolträchtig inszeniert

Die Genialität der anthropomorphen Gestaltung von „Jim Hawkins“ liegt in der Symbolträchtigkeit, die durch die tierischen Charaktere mit in die Geschichte hineintragen wird. So wird z.B. Bill Bones als stark tätowiertes Walross mit einem abgebrochenen Stoßzahn dargestellt, was eindrücklich auf das abenteuerliche und raue Leben von Bones verweist. Jim Hawkins wird durch Sébastien Vastra hingegen die Gestalt eines jungen Löwen verliehen. Diese Wahl scheint ausgezeichnet die Abenteuerlust und die verspielte Naivität von Jim Hawkins zu unterstreichen. Vastra wird dabei nicht müde auch exotischeren Tieren, wie Gürteltieren oder Stachelschweinen eine literarische Bühne zu bieten. Dabei beweist er stets ein richtiges Händchen bei der Wahl der tierischen Äquivalente zu den Charakteren des Originals. Sie scheinen allesamt besondere Charaktereigenschaften der Protagonisten zu verstärken. Es bereitet wahre Freude, Vastra bei dem Spiel mit diesem Stilmittel durch die Geschichte zu folgen.

Kunstvoll und poetisch gestaltete Panels

Sébastien Vastra liefert uns mit Jim Hawkins ein Gesamtkunstwerk ab, das sowohl auf zeichnerischer Ebene, als auch auf der Ebene der Narration zu überzeugen weiß. Die poetische Sprache und der richtige Blick für die essenziellen Momente der Originalvorlage bieten dabei nur den Rahmen für seine unfassbar liebevoll ausgestaltete Zeichenkunst, die nicht umsonst 2015 mit dem goldenen Elefanten beim International Comics Festival in Chambéry für die beste Zeichnung belohnt wurde. Bei Vastras anthropomorphen Charakterspiel geschieht vieles durch die zeichnerisch klug ausgearbeiteten Details mit denen die einzelnen Protagonisten geschmückt werden. Egal, ob der bereits erwähnte abgebrochene Stoßzahn, oder Tribaltätowierungen bei einem Zebra, die sich der natürlichen Zeichnung des Tieres fügen – Vastra watet mit immer neuen kreativen Einfällen auf.

Lust auf ein Abenteuer? Dann schnell in den Comicladen deines Vertrauens!

Jim Hawkins dürfte durch seine kunstvolle Gestaltung und der Genialität des Anthropomorphen Ansatzes einem breiten Publikum an Comicenthusiasten und denen, die es noch werden wollen, gefallen. Nur eine Zielgruppe adressiert Jim Hawkins definitiv nicht: Kinder. Auch wenn die tierische Gestaltung der Charaktere den Anschein verbreiten mag, ein kindliches Publikum ansprechen zu wollen, darf man sich nicht in der Brutalität von Jim Hawkins täuschen. Sowohl die etwas altertümliche und poetische Sprache, als auch abgetrennte Körperteile dürften die besten Indizien dafür sein, dass Jim Hawkins nicht für junge Leser geeignet ist. Dafür können abenteuerlustige Erwachsene sich hier aber in eine fantastische Geschichte über die wilde Jagd auf einen prächtigen Piratenschatz stürzen. Wer die „Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson gelesen hat, wird darüber hinaus wahre Freude beim Spiel mit der anthropomorphen Charaktergestaltung empfinden. Geht in den nächsten Comicladen, schnappt euch Jim Hawkins und setzt die Segel! Ahoi Matrosen!

© Splitter Verlag

ISBN: 978-3-96792-367-4
Erschienen am: 24.08.2022
Szenario Sébastien Vastra
Zeichnung Sébastien Vastra
Übersetzg. Tanja Krämling
Einband Hardcover
Seitenzahl 184
Band 1 von 1

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