Schon gehört, was Ed Gein getan hat? (Rezension)

Schon gehört, was Ed Gein getan hat? Beitragsbild

True-Crime-Geschichte mit starkem Gruselfaktor über einen der berühmtesten Mörder der amerikanischen Geschichte

Harold Schechter ist emeritierter Professor in amerikanischer Literatur und hat sich als Autor auf True-Crim-Geschichten spezialisiert. In seiner Graphic-Novel „Schon gehört, was Ed Gein getan hat?„, geht er der Geschichte von Edward Gein und seinen verstörenden Taten nach. Der Splitter Verlag ermöglicht es uns diese schauerlichen Einblicke auch in einer deutschen Ausgabe genießen zu können.

Warum wird ein Mensch zum brutalen Mörder?

Harold Schechter setzt in seiner Geschichte nicht erst bei den Morden an. Für die Erzählung bietet Schechter uns fragmentarische Einblicke in die traurige Kindheit von Edward Gein. Der Vater ist alkoholkrank und steht unter der Fuchtel der fanatisch religiösen Mutter, die Ängste schürt und mit harter Hand die Familiengeschicke an sich reißt. Augusta Gein verkörpert dabei eine Mutterfigur, die in ihrem religiösen Wahn pervertierte Selbstwahrnehmungen bei ihren Kindern erzeugt. Alles ist schmutzig, obszön und führt, wenn es nach Augusta ginge, auf direkten Weg in die Hölle. Wenn der Vater seine Probleme in Alkohol ertränkt, wird er immer wieder, auch trotz Augustas Dominanz, handgreiflich gegenüber seiner Frau. Edward und sein Bruder wachsen in einer Spirale von Angst und Gewalt auf. Wie es leider so oft vorkommt, entwickelt Edward trotz der verstörenden Verhaltensweisen seiner Mutter eine innige Verbindung und krankhafte Abhängigkeit ihr gegenüber. Nachdem Edward als Erwachsener nach und nach all seine Familienmitglieder aus unterschiedlichen Gründen verliert und zum Schluss auch noch seine Mutter stirbt, wird etwas in ihm in Gange gesetzt, das besser nie das Tageslicht hätte erblicken sollen…

Zwischen Horror und Drama

Die Geschichte von Edward Gein ist in besonderem Maße brutal und verstörend und bietet trotzdem auch dramatische Potenziale. Die Einblicke in Geins Kindheit und die Verhaltensweisen seiner Mutter Augusta Gein zeigen belastende menschliche Abgründe auf. Harold Schechter versteht es dabei, diese Abgründe in einer so abscheulichen Detailliertheit darzubieten, dass viele Leser vermutlich bei der Lektüre zwischendurch an ihre Grenzen kommen. Misshandlungen, Vergewaltigung, soziale Isolation… alles Themen, mit denen man zwangsläufig in Edward Geins Biografie konfrontiert wird. Spannend ist dabei die Ambivalenz, die Schechter uns aufzeigt. Gein war nicht nur Täter, sondern gleichermaßen auch Opfer seiner Eltern und seiner sozialen Umwelt. Diese Einsichten bieten zwar Erklärungsansätze für seine Taten, aber das Ausmaß des Grauens dürfte für die meisten Menschen trotzdem nicht nachvollziehbar sein.

Düstere Kunst

Die Zeichnungen von Eric Powell kommen ganz ohne Farbe aus. Das scheint der Stimmung der Geschichte zu Gute zu kommen. Farblos und trist gestaltet sich in vielen Passagen schließlich auch das Leben von Edward Gein. Powell beherrscht in besonderem Maße die Kunst, Mimik und Gestik ausdrucksstark zu inszenieren. So kommt es nicht selten vor, dass Augusta Geins Gesicht zu einer wütenden, unmenschlichen Fratze mutiert. Powell unterstreicht solche Momente aus Geins Kindheit, indem er ihn klein und hilflos dastehen lässt, während seine Mutter überproportional groß einen Schatten auf ihn wirft. Die Zeichnungen Powells schaffen es insgesamt, die bedrückenden Elemente von Schechters Inszenierung deutlich zu potenzieren.

Schon gehört, was Ed Gein getan hat?

Ja nach dieser Lektüre wisst ihr Bescheid und ihr würdet euch wünschen, vielleicht doch nicht so viele Details darüber erfahren zu haben. Was Edward Gein getan hat, ist schlicht unbegreiflich grausamer Horror und nicht umsonst einer der berühmtesten Fälle der amerikanischen Kriminalgeschichte. Wenn ihr ein wenig Resilienz mitbringt und euch Bodyhorror (der auf wahren Begebenheiten beruht) nicht verstört, findet ihr hier eine spannende Lektüre, die sich tiefgreifend mit der Psyche eines grausamen Mörders auseinandersetzt. Dabei ist die Ambivalenz in der Darstellung Geins besonders gelungen. Hat man zunächst noch Mitleid mit ihm, wandelt sich dieses Gefühl schon schnell in Ekel und Unverständnis. Diese Spannung scheint der Lektüre einen besonderen Drift zu geben. Darüber hinaus beschäftigt sich Schechter auch mit dem gesellschaftlichen Umgang mit solchen Ereignissen. Edward Gein hat mit seinen grausamen Taten für eine Zäsur in der Popkultur gesorgt und Filme wie Psycho von Alfred Hitchcock, oder auch Texas Chainsaw Massacre inspiriert. Wenn ihr bisher noch nicht wisst, was Ed Gein getan hat, dann ist diese Lektüre hier der perfekte Anlass, um das nachzuholen. Albträume gibt es gratis dazu!

© Splitter Verlag

Schon gehört, was Ed Gein getan hat?

ISBN: 978-3-98721-119-5

Erschienen am: 20.09.2023

Szenario Harold Schechter

Zeichnung Eric Powell

Übersetzg. Bernd Kronsbein

Einband Hardcover, Bookformat

Seitenzahl 224

Band 1 von 1

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