Eine Studie in Smaragdgrün (Rezension)

Eine Studie in Smaragdgrün Beitragsbild

Was passiert, wenn die Lovecraft-Mythen in die Welt von Sherlock Holmes einfallen?

So viel sei vorweg verraten: Lovecraft und Sherlock Holmes passen ganz wunderbar zusammen! Der brillante Autor Neil Gaiman lieferte die Vorlage für diese grafische Erzählung, die durch Rafael Albuquerque (American Vampire) und Rafael Scavone (Hit-Girl) in kunstvolle Bilder gehüllt wurde. Auf Deutsch ist „Eine Studie in Smaragdgrün“ 2020 im Dantes Verlag erschienen. Der Verlag hat es sich nicht nehmen lassen, die Geschichte um ein ausführliches Glossar zu ergänzen, was die Lesbarkeit enorm steigert. Das ist notwendig, da die Story von Neil Gaiman durchaus komplex und verworren sein kann und Lesern, die bisher kaum Berührung zu Lovecraft oder zu Arthur Conan Doyle hatten, viele Referenzen entgehen würden.

Ein Detektiv, ein Kriegsveteran und ein Polizeiinspektor werden mit kosmischem Horror konfrontiert

Eine Studie in Smaragdgrün beginnt mit dem Aufeinandertreffen eines Kriegsveteranen, der für die damalige britische Weltmacht im Anglo-Afghanischen Krieg war, und einem Detektiv in beratender Position, der durch sein geniales Deduktionsvermögen Aufmerksamkeit erregt. Der Veteran sucht nach einer Bleibe und bewirbt sich um ein Zimmer in den Gefilden des Detektivs. Schon bald ist der neue Mitbewohner mit allerhand skurrilen Zwischenfällen konfrontiert, die in den Ermittlungen zu einem Mordfall münden. Bei dem Ermordeten handelt es sich allerdings nicht um einen Menschen, wie das grüne Blut, mit dem das Wort Rache am Tatort an die Wand geschrieben wurde, offenbart…

Komplexe Handlung und eine Hommage an die große englischsprachige Literaturgeschichte

Eine Studie in Smaragdgrün ist kein leichter Stoff. Das liebevoll gestaltete Glossar vom Dantes Verlag vermag es hier allerdings etwas Abhilfe zu schaffen. Trotzdem: die Querverweise zu großen Werken der Literaturgeschichte von Lovecraft und Sir Arthur Conan Doyle verlangen den Lesern einiges ab. Hinzu kommt das surreale Setting und die namenlosen Hauptcharaktere, zu denen sich durch dieses Stilmittel schwer eine Beziehung aufbauen lässt. Nichtsdestotrotz fesselt die Lektüre, denn das Sherlock-Homeseske‘ Setting – London im 19. Jahrhundert – scheint wie gemacht für eine Liaison mit dem Lovecraft-Horror.

Gut gezeichnete Charaktere, aber wenig Liebe im Detail

Albuquerque und Scavone liefern bei der Darstellung der Hauptcharaktere eine vorzügliche Arbeit ab. Mimik und Gestik der Figuren verstärken die Intention des Textes und die aquarellig verwaschenen Zeichnungen sorgen für die passende Atmosphäre. Der einzige Kritikpunkt gebührt der Gestaltung der Hintergründe. Man merkt den Zeichnungen die starke Orientierung an der textuellen Vorgabe an, was den Nachteil mit sich bringt, dass die Künstler es verpassen einer eigenen in sich kohärente Welt Leben einzuhauchen. So hat man beim Lesen oft den Eindruck, eher einer Art Kammerspiel zu folgen, in der die Zeichnungen eher Beiwerk sind.

Für Fans von Lovecraft und Sir Arthur Conan Doyle ein muss

Wer sich gerne in den surrealen und mystischen Horrorwelten von Lovecraft verliert und darüber hinaus auch noch ein Faible für die Deduktionskünste eines Sherlock Holmes aufbringt, kann an diesem Stoff nicht tatenlos vorbeischreiten. Neil Gaiman ist nicht umsonst einer der begabtesten Autoren unserer Zeit. Er schafft es, wie kein Zweiter, Mythen und Legenden in neue Kontexte zu setzen und dabei starke referentielle Bezüge zu Weltliteratur und Popkultur herzustellen. Wenn eine solche Lektüre dann noch stark bebildert ist, bleibt eigentlich nur noch die Frage offen: Worauf wartest du noch?

Eine Studie in Smaragdgrün

Story: Neil Gaiman, Rafael Albuquerque und Rafael Scavone

Zeichnungen: Rafael Albuquerque und Dave Stewart

Übersetzung: Jens R. Nielsen

Hardcover, 19 x 28 cm, 92 Seiten in Farbe

ISBN: 978-3-946952-45-9

Erschienen: 10. März 2020

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